Dieschmäggenfeischosubberdiewärschtgell - Rainer Lottes
„Dieschmäggenfeischosubberdiewärschtgell“ oder: wenn Kunst aus der Metzgerei kommt!
Fleisch als Kunstobjekt? Ob für den Veganer oder für den Genießer, letztendlich ist es eine Provokation, die zum Nachdenken anregen soll. Bereits 1655 griff Rembrandt das Motiv mit seinem geschlachteten Ochsen auf und viele andere sollten ihm bis heute folgen. Was hat das nun mit dem Metzgermeister Rainer Lottes aus Münchberg zu tun? Auf den ersten Blick gar nichts außer, dass sein Handwerk für ihn auch Kunst ist, oder dass … warten Sie ab, was unsere KULe Geschichte alles zu Tage fördert.
Die Familie Lottes gehört zu den Urgesteinen der Metzgerzunft in Münchberg. Unser Metzgermeister Rainer Lottes blickt mit Stolz auf 6 Generationen Metzger zurück. Es war Tradition, dass die jeweiligen Söhne der Vorfahren zunächst ihren Fleischermeister machten, egal was sie dann beruflich machten: quasi als eine charakterliche Grundschule. Oft übernahmen sie das Geschäft vom Vater, meist in Kombination mit einer Gastwirtschaft, ganz nach dem Motto „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“. In Münchberg hat dies im Bayerischen Hof angefangen, bis man weiterzog in die Ottostraße und von da in den Lindenhof um dann Anfang der 60er Jahre in der Bahnhofstraße sesshaft zu werden. Rainer Lottes erinnert sich gerne an den Lindenhof, wo er als Kind eine Etage über der Musicbox schlief und ihm seine Liebe zum Rock n Roll quasi in die Wiege gelegt wurde, was nebenbei gesagt der Klingelton seines Handys heute bestätigt. Der Hunger Neues zu erleben, Erfahrungen zu machen und sich einen breiteren Wissensschatz anzueignen, das trieb ihn in jungen Jahren in die „Wanderschaft“. Nachdem er seinen Meisterbrief in Augsburg gemacht hatte, setzte er noch den Betriebswirt rg oben drauf und erlebte, so sagt er, eine lehrreiche Zeit in München auch bei bekannten Metzgereien, wie z.B. Vinzenz Murr, bis er 1989 auf Bitte seines Vaters die Metzgerei in Münchberg übernahm.
Die Metzgerei Lottes ist der Inbegriff für Kreativität. Hier entstand durch die Großmutter der erste Fleischsalat in Münchberg, die früher aus Kartoffelmasse gefertigten Pommes sind legendär und die Kombination eines Imbisses mit einer Metzgerei war auch eine Idee des Großvaters als Fortsetzung von Gastronomie und Metzgerei.
Dieser erfindungsreiche Geist lebt auch in Rainer Lottes fort. Manch kreatives Produkt, wie z.B. seine italienische Salami Corleone, ist dennoch für ihn kein Kunstwerk, sondern Ergebnis des konsequenten Handwerks, geprägt vom Vertrauen seiner Kunden. Trotzdem ist das Thema Kunst ein wichtiger Bestandteil seines Lebensweges.
Dieser nach Außen eher unspektakuläre Typ besitzt in Wahrheit so manch spektakuläres Talent, wie z.B. die Malerei. Udo Rödel, stadtbekannter Künstler, bezeichnet seinen ehemaligen Kunstschüler als „recht begabt“ im Fach Kunst und schreibt ihm ein großes Interesse an musischen Dingen ins Lebenszeugnis. Lottes Metier war zu seiner kunstschaffenden Zeit die Arbeit mit Pastellkreiden. Dies in einer Qualität, die auch in der Galerie im Bürgerzentrum zu sehen war. Natürlich war und ist er kein Rembrandt, aber dennoch frech in der Idee, Wurst und Kunst zu verbinden. In guter Erinnerung ist Lottes und Rödel die Aktion „Wir fressen uns durch zur Kunst“. Im Münchberger Parkhaus stellten beide aus. Dazu belegten Fleischereifachschüler deren Bilder mit Köstlichkeiten aus Münchberger Metzgereien, die erst verschlungen werden mussten, um darunter zur Kunst vorzudringen.
So entstand manches Werk mit phantasievollen Titeln, wie zum Beispiel „Frühlingsschweine in den Pulschnitzauen“, die lange Zeit in seiner Metzgerei einträchtig neben den Wurst- und Fleischwaren ihren festen Platz hatten. Heute hängt nur noch ein Werk gegenüber der Wursttheke, das auch einen bemerkenswerten Titel hat, der mit einem amerikanischen Präsidenten zu tun hat. Aber das lassen Sie sich lieber von ihm selbst erzählen.
Dann gäbe es noch zu klären, wie die Münchberger Wärscht nach Nepal gekommen sind oder wo der Presssackhobel beim Lottes zu finden ist. Aber das… das sind wirklich ganz andere KULe Geschichten!